Antrag | Änderungsanträge zum Kreishaushalt 2023

Zum vorgelegten Entwurf für den Kreishaushalt 2023 werden von der SPD-Kreistagsfraktion die folgenden Änderungsanträge gestellt:

Antrag I: Zusätzliche Belastung der Kommunen begrenzen

  1. Gegenläufig zum Anstieg des vorgesehenen Schulumlagesatzes auf 17,20 Prozentpunkte wird der Kreisumlagesatz moderat um 0,75 Prozentpunkte auf den Hebesatz von 30,30 Prozentpunkten gesenkt. Der kombinierte Kreis- und Schulumlage-Hebesatz beträgt dann 47,50 Prozentpunkte (Vorjahr 46,95).
  2. Der Main-Taunus-Kreis verzichtet auf die planmäßig vorgesehenen weiteren Steigerungen des kombinierten Kreis- und Schulumlage-Hebesatzes im Planungszeitraum 2022 bis 2026.

 Begründung:

Mit der im Haushaltsentwurf vorgesehenen Erhöhung der Kreis- und Schulumlage um 1,30 Prozentpunkte würde der Main-Taunus-Kreis Mehreinnahmen auf Kosten der Städte und Gemeinden des Kreises in Höhe von über 24 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr erzielen und 313,847 Mio. Euro einnehmen (ohne die Schulumlage-Erhöhung stiegen die Einnahmen auf 305,391 Mio. Euro). Dieses selbstermächtigte immer weitere Ausreizen der finanziellen Abschöpfmöglichkeiten erscheint vor dem Hintergrund der gegenwärtigen außergewöhnlichen Belastungen für die Kommunen deplatziert und angesichts ganz erheblicher, nicht zwingender zusätzlicher Ausgaben des Kreises, wie beispielsweise für die überdimensionierte Landratsamtserweiterung für mittlerweile mindestens 41,4 Millionen Euro (und darin noch nicht einmal enthaltener Planungs- und Ausführungskosten für das Außengelände) und die Schaffung einer zusätzlichen hauptamtlichen Kreisbeigeordnetenstelle für rund 1 Million Euro, in erheblichem Maße unangemessen.
Seit 2011 hat sich das Aufkommen der kombinierten Kreis- und Schulumlage – also der Abgabe, die der Main-Taunus-Kreis von den kreisangehörigen Kommunen erhebt – von rund 182 Millionen Euro auf nun planmäßig mehr als 313 Millionen Euro um ca. 73 Prozent gesteigert, was einzig der Leistungsfähigkeit der Kommunen des Kreises zu verdanken ist. Die Planung des Kreises sieht zudem in der Ergebnis- und Finanzplanung für den Planungszeitraum 2022 bis 2026 bereits die weitere Erhöhung des kombinierten Kreis- und Schulumlage-Hebesatzes bis auf 50,80 Prozentpunkte im Jahr 2026 vor.
Wenngleich auch unbestreitbare Kostensteigerungen für die Aufgabenerfüllung des Kreises anerkannt werden, führt die im Haushaltsplan bisher vorgesehene Steigerung der Einnahmen auf Kosten der Städte und Gemeinden zu einer weiter stark fortschreitenden Ungleichgewichtung der kommunalen finanziellen Belastungen. Deshalb soll mit dem vorgelegten Kompromissvorschlag einer moderat reduzierten Erhöhung der kombinierten Kreis- und Schulumlage ein fairer Ausgleich zwischen Kreis und Kommunen erreicht werden. Zugleich verpflichtet sich der Kreis, auf die geplanten exorbitanten Hebesatzanhebungen in den Folgejahren zu verzichten und nur bei außergewöhnlichen Notlagen und sachlich begründeten Ausnahmefällen die in diesem Sinne festgelegte dauerhafte Maximalgrenze von 47,50 Prozentpunkten für die kombinierte Kreis- und Schulumlage-Hebesatzes zu überschreiten. Sollte eine Überschreitung dieser Marke tatsächlich zukünftig erforderlich werden, erlegt sich der Main-Taunus-Kreis die unverzügliche Einrichtung eines Prüfgremiums auf, das vor einem Erhöhungsschritt intensiv den Stand eigener Ausgaben und der erheblich vorhandenen Rücklagen hinterfragt.

 

Antrag II: Kreisinvestitionsfonds umwandeln

Der Kreisinvestitionsfonds in seiner bisherigen Form wird nicht fortgeführt. Die für ihn vorgesehen Mittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro werden im Sinne einer problembewussten Prioritätensetzung dem Förderprogramm gegen Wohnraummangel (s. Antrag III) zugeschlagen.

 Begründung:

Seit Einführung des Kreisinvestitionsfonds wird dessen Nutzen vehement in Zweifel gezogen. Zwar bemühen sich Kommunen nachvollziehbarerweise um die offerierten Gelder, jedoch wirft das intransparente Verfahren mit weitgehend willkürlich erscheinenden Vergabekriterien fortdauernd grundsätzliche Fragen auf. Nicht zuletzt werden die bereitgestellten Mittel über die erneut steigende Kreisumlage zu rund der Hälfte schließlich von den Kommunen selbst aufgebracht. Eine denkbare und wiederholt angeführte kreisweite Ausgleichsfunktion wiederum kann der Kreisinvestitionsfonds in seiner gegenwärtigen Dimensionierung nicht erfüllen. Der betriebene, ganz erhebliche zusätzliche Verwaltungsaufwand erscheint angesichts des überschaubaren Nutzens unangebracht. Daher sollen die Mittel des fragwürdigen Instruments zielgerichtet in die Bekämpfung des Wohnraummangels überführt werden.

 

Antrag III: Förderprogramm gegen Wohnraummangel

Der Main-Taunus-Kreis nimmt sich endlich konsequent seines vordringlichen Standortproblems an und ruft ein Förderprogramm gegen Wohnraummangel ins Leben. Dieses beinhaltet folgende Maßnahmen:

 Einrichtung eines Investitionstopfes zur Schaffung von gefördertem Wohnraum

Der Main-Taunus-Kreis erhebt die für das Haushaltsjahr bekannten Bedarfszahlen der Kommunen und stellt auf dieser Basis finanzielle Mittel bereit, um die Unterdeckung an sozial geförderten Wohnungen im Kreis komplett auszugleichen. Die Methode zum Ausgleich der Unterdeckung liegt im Ermessen des Kreises und kann durch Unterstützung der Kommunen beim Erwerb von Belegungsrechten, durch Förderung des kommunalen Wohnungsbaus oder durch eigene Aktivitäten beim Wohnungsbau, bspw. über die kreiseigene GSIM, erfolgen.

  1. Zusätzliche Anreize zum Landesprogramm soziale Mietwohnraumförderung

Um die Anreize zur Schaffung sozial geförderten Wohnraums durch Dritte zu steigern, erhöht der Main-Taunus-Kreis den Anteil des Landes Hessen für Baumaßnahmen im Kreis, die im Sinne der „Richtlinie des Landes Hessen zur sozialen Mietwohnraumförderung“ gefördert werden, um jeweils den gleichen Betrag, der vom Land Hessen bereitgestellt wird. 

  1. Baukindergeld für den Main-Taunus-Kreis

Der MTK schafft ein Förderangebot „MTK-Baukindergeld“, das mit einer Ausstattung von jährlich 750 TEUR den Erwerb von Wohnraum im Main-Taunus-Kreis für Familien bzw. Haushalte mit Kindern in Höhe von je 2500 Euro über einen Zeitraum von 4 Kalenderjahren schafft (Gesamtförderung je Antragsstellenden max. 10 TEUR). Bei der Erteilung der Förderungen soll bei absehbarer Nachfrage eine Priorisierung von Antragsstellenden aus „systemrelevanten Berufen“ der öffentlichen Daseinsvorsorge vorgesehen werden. 

  1. Azubi-Campus

Der Main-Taunus-Kreis setzt sich als Gesellschafter der Varisano-Kliniken in Zusammenarbeit mit den Kliniken und der kreiseigenen GSIM für die Einrichtung eines zentral angesiedelten und günstig durch den öffentlichen Nahverkehr erschlossenen „Azubi-Campus“ ein, der sowohl den Auszubildenden der Klinik-Standorte, als auch weiteren Auszubildenden im Main-Taunus-Kreis eine günstige Unterkunft im hochpreisigen Wohnungsmarkt des MTK bieten soll. Die Ausgestaltung und Dimensionierung soll in Zusammenarbeit mit Vertreter:innen von Auszubildenden und ausbildenden Betrieben erarbeitet werden. Etwaige vorbereitenden Planungskosten sind im Haushaltsplan vorzusehen. 

Begründung:

Die Bekämpfung des Mangels an bezahlbarem Wohnraum ist ein Schlüssel um zahlreichen Problemen, die den Standort Main-Taunus-Kreis und seine Zukunftsfähigkeit belasten, wirkungsvoll zu begegnen. Ihr sollte – insbesondere im Vergleich zu kostspieligen und nicht zwingend notwendigen Prestigeprojekten des Kreises – die gebotene Dringlichkeit eingeräumt werden. Bei allen Kostenabwägungen stets mit zu bedenken sind auch die volkswirtschaftlichen Folgekosten des Fachkräftemangels im Main-Taunus-Kreis, dessen wesentliche Ursache sich aus den Lebenshaltungskosten und dem Wohnraummangel ergibt. Gerade für Menschen mit niedrigen Einkommen wird das Leben im Main-Taunus-Kreis zunehmend unerschwinglich. Fachkräften aus solchen Berufsgruppen trotzdem das Leben im Main-Taunus-Kreis zu ermöglichen, muss im ureigenen Interesse des MTK liegen. Doch seit Jahren geht auch im Main-Taunus-Kreis gerade der Bestand an sozial geförderten Wohnungen dramatisch zurück, der hier Abhilfe leisten soll. Jährlich müssten dem Wohnungsmarkt im Main-Taunus-Kreis eine dreistellige Zahl an geförderten Wohnungen (Stand 2023: 266) zugeführt werden, um auch nur den gegenwärtigen Bestand zu halten. Alleine 2023 laufen im MTK die Belegungsrechte für 158 sozial geförderte Wohnungen aus. Bisher ist nur eine geringe Zahl als Ersatz absehbar.
Mit einem mehrere Maßnahmen umfassenden Förderprogramm gegen Wohnraummangel kann der Kreis über verschiedene Wege auf die gegenwärtige Situation einwirken: Der Investitionstopf bietet eine offene Palette an Möglichkeiten zur aktiven Einwirkung, insbesondere die satzungsmäßig zum Wohnungsbau berechtigte, aber dem Kapital nach unzureichend dazu befähigte GSIM bietet sich hier als Instrument an. Die Verdopplung des Landeszuschusses zur sozialen Mietwohnraumförderung und das MTK-Baukindergeld verfahren nach dem Prinzip Anreizschaffung. Ein Azubi-Campus wiederum greift zeitgemäß das ehemals weit verbreitete und heute wieder begehrte Angebot für Auszubildendenwohnungen auf.

 

Antrag IV: Klare zeitliche Begrenzung der dritten hauptamtlichen Kreisbeigeordnetenstelle

Die gegenwärtige Konstellation mit drei hauptamtlichen Kreisbeigeordneten sowie einem hauptamtlichen Landrat / hauptamtlicher Landrätin wird zum nächstmöglichen regulären Zeitpunkt angepasst. Hierzu wird die Stelle mit der zum frühesten Zeitpunkt endenden Amtszeit mit einem kw-Vermerk versehen und somit klar als zeitlich begrenzt und künftig wegfallend kenntlich gemacht.  

Begründung:

Die Schaffung einer zusätzlichen vierten hauptamtlichen Stelle im Main-Taunus-Kreis durch die derzeitige Koalition wurde schon in der vorangegangenen Wahlperiode als übergangsweise notwendige Lösung verkauft. In der gegenwärtigen Wahlperiode wurde die angebliche Ausnahme dann trotz wiederholter Beteuerungen einfach trotzdem fortgeführt.
Weiterhin wird die tatsächliche Erforderlichkeit für die rund eine Million Euro teure Stelle nicht nachvollziehbar dargelegt. Es bleibt nicht einsichtig, warum die zuvor von drei hauptamtlichen Kräften nach eigenem Bekunden beanstandungslos verrichtete Arbeit nun auf vier Schultern verteilt werden muss.

 

Antrag V: Konzept zur Fachkräftegewinnung in der Kreisverwaltung

Für die externe Beauftragung eines Konzeptes zur Fachkräftegewinnung werden 150 TEUR vorgesehen. 

Begründung:

Die langjährige Betrachtung des Stellenplans offenbart eine strukturelle personelle Unterdeckung, insbesondere im Bereich der unteren Entgeltgruppen. Dies äußert sich zum Teil auch in sich scheinbar systematisch im Haushaltsplan wiederholenden Verweisen auf personelle Vakanzen bei Nichterfüllung vorgegebener Ziele, die zum Teil über Jahre fortgeschrieben und offenbar hingenommen werden. Angesichts offenbar weithin erfolgloser Bemühungen stellt sich hier neben grundsätzlichen Faktoren  – wie beispielsweise bereits angeführt Wohnungsmangel und Lebenshaltungskosten – die Frage nach der Attraktivität des Main-Taunus-Kreises als Arbeitgeber. Die Hinzuziehung externer Beratungsleistungen soll eine objektive und unvoreingenommene Gesamtbetrachtung ermöglichen. Ziel soll die Erstellung eines auf den Main-Taunus-Kreis und seine Gegebenheiten zugeschnittenen Konzepts für die Fachkräftegewinnung sein, mit der das Personalmanagement des Kreises konstruktiv unterstützt werden kann und wirkungsvolle Maßnahmen abgeleitet werden können.

 

Antrag VI: Deutschlandticket für alle Kreisbeschäftigten

Der Main-Taunus-Kreis bietet seinen Beschäftigten die Übernahme der jährlichen Kosten für das ab Mai 2023 angekündigte deutschlandweit gültige Deutschlandticket („D-Ticket“, „49-Euro-Ticket“) an.  

Begründung:

Das Deutschlandticket soll ab Mai 2023 die indirekte Nachfolge des sog. 9-Euro-Tickets antreten, mit dem erstmals die deutschlandweite Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs mit nur einer Fahrkarte möglich wurde. Das seinerzeit auf drei Monate begrenzte Sonderangebot des 9-Euro-Tickets erfreute sich ungeahnter Beliebtheit, motivierte viele Menschen öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und gilt als großer Erfolg. Dementsprechende Hoffnungen liegen auf der von vielen gewünschten Einführung des dauerhaften Deutschlandtickets. Das besondere Angebot der Übernahme der Kosten für dieses Ticket bietet den Beschäftigten einen Anreiz zur vermehrten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und steigert erheblich die Attraktivität des Main-Taunus-Kreises als Arbeitgeber.

 

Antrag VII: Energiekosten-Ausgleichstopf für Vereine

Der Main-Taunus-Kreis unterstützt gemeinnützige Vereine aus dem Kreisgebiet mit einem Energiekosten-Ausgleichstopf in Höhe von 100 TEUR, um Belastungen aus stark gestiegenen Energiekosten besser bewältigen zu können. Pro Verein werden bis zu maximal 5 TEUR Beihilfe gewährt. Die Vergabe soll an nachgewiesene Maßnahmen zur Energieeinsparung und -effizienz geknüpft werden. Die Ausgestaltung der Förderbedingungen obliegt im Einzelnen der Kreisverwaltung und ist an tatsächlich geltend gemachte Mehrkosten zu knüpfen. 

Begründung:

Die seit Beginn der russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in eine Energiepreiskrise mündenden Kosternsteigerungen stellen die vielen ehrenamtlich geführten gemeinnützigen Vereine im Main-Taunus-Kreis nach bereits belastenden Pandemiejahren vor erhebliche neuerliche Herausforderungen. Gerade unter den mehr als 200 Sportvereinen könnte die Fortführung der Arbeit bei hohen Energie-Fixkosten auf Dauer gefährdet sein. Die Menschen im Kreis schätzen das bunte und vielfältige Vereinsleben im MTK, das maßgeblich von der engagierten Arbeit vieler Ehrenamtlichen lebt. Mit einem Energiekosten-Ausgleichstopf kann der Main-Taunus-Kreis die Vereine unterstützen, ihr Angebot ungeachtet des Hoffens auf etwaig folgende Landes- oder Bundeshilfsprogramme gesichert wie bisher fortzuführen

 

Antrag VIII: Beauftragung eines Sozialentwicklungsplans

Für die externe Beauftragung eines Sozialentwicklungsplans werden 100 TEUR budgetiert.  

Begründung:

Wie bereits im Vorjahr wird die externe Beauftragung eines Sozialentwicklungsplans beantragt. Der Main-Taunus-Kreis verfügt über ein breit aufgestelltes Netzwerk an Einrichtungen der Wohlfahrtspflege in freier Trägerschaft. Durch deren vielfältige Arbeit und Leistungsübernahme kann im Kreis gut auf vielfältige Anforderungen reagiert werden. Die Zusammenarbeit des Kreises mit den einzelnen Trägern hat sich dabei häufig über viele Jahre institutionalisiert. Wiederholt zeigten sich auch im vergangenen Jahr jedoch verschiedentlich dispare Auffassungen über die Ausgestaltung der sozialen Strukturen im Kreis. Aufgrund der maßgeblichen Lenkungsmacht des Kreis durch die Zuteilung freiwelliger finanzielle Leistungen und sich daraus ergebender Abhängigkeiten besteht zwischen den Akteuren jedoch nicht immer Augenhöhe in Verhandlungen.
Mit einem extern erstellten Sozialentwicklungsplan kann eine differenzierte und objektive Erfassung der Gegebenheiten, der verfügbaren und erforderlichen Angebote und der angemessenen Unterstützung durch den Kreis erfolgen, die so dem Ansatz nach weit über den kreiseigenen Sozialbericht hinausgeht. Anhand der wichtigsten Aspekte der Sozialentwicklung kann für alle Prozessbeteiligten eine umfassende und objektive Planungsgrundlage und langfristige Handlungsempfehlung entwickelt werden. In Zusammenarbeit mit den Trägern kann diese Analyse dazu beitragen, gegenwärtige und zukünftige Erfordernisse sowie Bedarfe herauszuarbeiten, Schwerpunkte zu setzen und lenkend einzugreifen. Mit einem Sozialentwicklungsplan sollen so Entwicklungsleitlinien für die zukünftige Aufstellung gemeinschaftlich gesetzt und die Planungssicherheit erhöht werden.

 

Antrag IX: Sozialkaufhaus dauerhaft erhalten

Für das soziale und nachhaltige Kaufhaus „Tisch und Teller“ der Diakonie  in Flörsheim wird ein dauerhafter jährlicher Mietkostenzuschuss in Höhe von jährlich 50 TEUR vorgesehen.  

Begründung:

Das soziale und nachhaltige Kaufhaus „Tisch und Teller“ ist in mehrerer Hinsicht ein wichtiger und etablierter Bestandteil des sozialen Netzes im Main-Taunus-Kreis: Zum einen bedient es den derzeit rasch steigenden Bedarf nach erschwinglichen Einkaufsmöglichkeit und dient somit der sozialen Grundversorgung. Zum anderen rückt es mit der Wiederverwertung von Gütern den Nachhaltigkeitsgedanken in den Vordergrund und begegnet aktiv der weithin vorherrschenden Wegwerfgesellschaft. Nicht zuletzt werden hier in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Jobcenter langzeitarbeitslose Menschen in den Arbeitsmarkt integriert und ein wichtiger Sozialraum für Menschen geboten. Daher soll der Fortbestand des Kaufhauses „Tisch und Teller“ und seiner wichtigen Funktionen vom Main-Taunus-Kreis durch einen Mietkostenzuschuss unterstützt werden.

 

Antrag X: Umsetzung der Istanbul-Konvention ernst nehmen

Für die Implementierung und Koordinierung von Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention wird die Schaffung einer adäquat ausgestalteten Planstelle für mindestens 5 Jahre sowie ein Sachmittel-Budget in Höhe von 10 TEUR pro Jahr vorgesehen. 

Begründung:

Die Umsetzung in anderen Landkreisen zeigt, was möglich ist, wenn die Maßnahmen tatsächlich politisch gewollt sind und die Istanbul-Konvention nicht schon auf offener Bühne als „Pamphlet“ abgetan wird. Mit einer entsprechend ausgestatteten Stelle kann die Umsetzung der Istanbul-Konvention auf kommunaler Ebene strukturiert und zielgerichtet angegangen werden und die Einbindung aller relevanter Akteur:innen gelingen. Neben einer Bestands- und Bedarfsanalyse steht vor allem auch die intensive Vernetzung Vordergrund, um weitere Umsetzungsschritte vorzubereiten und die Erfüllung der Vorgaben der Istanbul-Konvention proaktiv anzugehen.

 

Antrag XI: Energetische Sanierung der baugleichen Schulen

Die lange überfällige und immer wieder verschobene energetische Sanierung aller fünf baugleichen Schulen soll unverzüglich angegangen und die dafür erforderlichen Planungskosten im Haushalt des Jahres 2023 vorgesehen werden. Bei der Planung sollen für jede einzelne dieser Schulen die erforderlichen Maßnahmen detailliert festgestellt und ein Zeitplan zur Umsetzung erarbeitet werden.
Falls fehlende Personalkapazitäten der Umsetzung entgegenstehen, sind die erforderlichen Stellen im Haushaltsplan vorzusehen. Bei der Finanzierung dieser Maßnahmen sind nach Möglichkeit etwaige Landes-, Bundes- oder EU-Förderprogramme zu berücksichtigen. 

Begründung:

In der augenblicklichen Energiepreiskrise rächt sich, dass grundlegende Sanierung der in die Jahre gekommenen Schulbauten seit Jahren zwar immer wieder zugesagt, aber letztlich doch stets aufgeschoben wurde. Die fünf baugleichen Schulen des Kreises (Heinrich-Böll-Schule Hattersheim, Heinrich-von-Brentano Schule Hochheim, Heinrich-von-Kleist-Schule Eschborn, Weingartenschule Kriftel und Eichendorffschule Kelkheim), alle in den 1970er-Jahren errichtet, sind hinsichtlich ihrer energetischen Bilanz längst nicht mehr zeitgemäß, insbesondere die fehlende energetische Optimierung bei Wärmedämmung und Fenstern fallen ins Gewicht. Neben erheblichen Energie-Mehrkosten ist der unveränderte Weiterbetrieb der Gebäude auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten fragwürdig. Da zwischenzeitlich an allen baugleichen Schulen verschiedene Umbauten und Reparaturarbeiten wegen drängender Schäden vorgenommen wurde, wird zunächst eine intensive Bestandaufnahme erforderlich.

 

Antrag XII: Schulen bei der Betreuung mobiler Endgeräte nicht alleine lassen

Der Main-Taunus-Kreis übernimmt die Betreuung der für die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte seiner Schulen beschafften mobilen Endgeräte und sieht die Schaffung entsprechender Stellen vor. Dem Stellenaufbau wird der Schlüssel 1 IT-Fachkraft pro 1000 Geräte zu Grunde gelegt. Die Inanspruchnahme geeigneter Förderangebote von Bund und Land ist zu prüfen. 

Begründung:

Der Main-Taunus-Kreis beschaffte in den letzten Jahren, nicht zuletzt unter Inanspruchnahme entsprechender Förderprogramme in Pandemiezeiten, in großem Maßstab IT-Endgeräte für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte. Bereits für den Haushalt 2022 wurde daher die Übernahme der Betreuung der Endgeräte durch den Kreis und eine professionalisierte und mit entsprechendem Personal unterlegte Pflege beantragt, um diese nicht dauerhaft den Schulen zuzumuten. Absehbar zeigt sich nun, dass die adäquate Betreuung der Endgeräte sich wie erwartet schwierig gestaltet und für die Schulen eine erhebliche Mehrbelastung darstellt. Meist wird die Verwaltung, Installation und Wartung der beschafften Endgeräte in den Schulen individuell organisiert, meist durch großen freiwilligen Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern neben ihren eigentlichen pädagogischen Aufgaben.
Da sich die Bedenken des Vorjahres bewahrheitet haben, soll die Betreuung der Endgeräte nun wie bereits im Vorjahr gefordert in der Kreisverwaltung organisatorisch zentralisiert, professionalisiert und mit entsprechendem Personal unterlegt angesiedelt werden. Die tatsächliche technische Betreuung soll durch den mobilen Einsatz entsprechender Fachkräfte an den jeweiligen Schulstandorten erfolgen. Der Personalschlüssel 1/1000 ist an vergleichbaren Gerätepools orientiert und soll bei Bedarf an die individuellen Erfordernisse des MTK und der beschafften Geräte angepasst werden.

 

Antrag XIII: Schulsozialarbeit an allen Standorten erhalten

Der Main-Taunus-Kreis gewährleistet die Fortführung der Schulsozialarbeit an allen gegenwärtigen Standorten im Kreis im bisherigen Umfang, inbegriffen der bislang durch Landes- oder Bundesmittel finanzierten Stellen, sollte deren Förderung entfallen. Dies gilt insbesondere für die 6 Standorte, die aus dem Förderprogramm „Aufholen für Kinder und Jugendliche nach Corona“ finanziert werden, das mit Ende der Sommerferien 2023 auslaufen soll. 

Begründung:

Vielen war die Wichtigkeit von Schulsozialarbeit schon lange klar, durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie wurde dies jedoch nochmals deutlich vor Augen geführt. Die mit den Mittel des Förderprogramms „Aufholen für Kinder und Jugendliche nach Corona“ geschaffenen 6 zusätzlich halben Stellen für die Schulsozialarbeit wurden an den jeweiligen Schulen sehr gut angenommen und sind im Schulbetrieb nun kaum mehr wegzudenken. Daher soll der Main-Taunus-Kreis gegebenenfalls unter Vorgriff entsprechender Landes- und Bundesförderprogrammen die nach derzeitigem Stand absehbar zum Schuljahreswechsel entfallenden Mittel kompensieren.

 

Antrag XIV: Dem Klimaschutzmanagement mehr Gewicht verleihen

Die Sachmittel für die Stelle des Klimaschutzmanagements (Produkt 6107) werden um 20 TEUR erhöht. 

Begründung:

Bereits in den Vorjahren wurde die verstärkte Befähigung des Klimaschutzmanagements beantragt, denn die Förderung und Vermittlung von Klimaschutzmaßnahmen, gerade auch auf kommunaler Ebene, sind aktueller denn je und ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der selbstgesteckten Klimaziele. Wenn jedoch die Ausgabe von 8 Pressemitteilungen als wesentlicher Bestandteil der Erfüllung der gewünschten öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen herhalten müssen, weckt dies erhebliche Zweifel an der Wirkstärke des Klimaschutzmanagements im Main-Taunus-Kreis. Die überaus schleppende und bislang ergebnislos gebliebene Durchführung der Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes im vergangenen Jahr verstärken die bestehenden Bedenken. Um dem Klimaschutzmanagement im Main-Taunus-Kreis das gebotene Gewicht und mehr Handlungsfähigkeit zu verleihen, wird hier nun zunächst die Erhöhung der Sachmittel vorgesehen, um zusätzliche Maßnahmen durchführen zu können.

 

Antrag XV: Angebot der Energieberatungsstelle erweitern

Angesichts der gegenwärtigen prekären Energiesituation und des erheblichen gestiegenen Bedarfs vieler Bürgerinnen und Bürger nach Energieberatung wird das diesbezügliche Angebot des Main-Taunus-Kreis zielgerichtet erweitert. Im Haushaltsplan wird die Schaffung einer zusätzlichen Stelle vorgesehen.    

Begründung:

Das Angebot des Main-Taunus-Kreises wurde ab November 2022 um eine Online-Energieberatung erweitert, die in jeder Woche je eine Stunde Mittwochs und Donnerstags als Videokonferenz durchgeführt wird. In Anbetracht der gegenwärtigen prekären Energiesituation ist die wesentliche zeitliche und inhaltliche Ausweitung solcher Angebote wünschenswert, insbesondere um zusätzliche Aufklärung über Möglichkeiten zur gebotenen Energieeffizienzsteigerung und zum Energiesparen bieten zu können.

 

Antrag XVI: Außenflächengestaltung der Landratsamtserweiterung

In Abstimmung mit der Stadt Hofheim und unter angemessener Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger wird ein Konzept für die biologisch wertvolle Außenflächengestaltung des Landratsamts-Gesamtareals sowie die Ersatzflächenschaffung für die nun überbauten Bereiche des Kreishaus-Parks erarbeitet. Hierfür werden Planungsmittel in Höhe von 250 TEUR im Haushalt vorgesehen.  

Begründung:

Die Eröffnung des Landratsamts-Erweiterungsbaus voraussichtlich im Jahr 2024 rückt näher. Weiterhin bleibt unklar, wie die Außenflächen, eingedenk des beschlossenen integrierten Begrünungskonzept für das Gesamtgelände (s. Beschlussfassung zu Antrag KT/2022/215/19.WP bzw. Änderungsantrag vom 04.07.22), zukünftig gestaltet werden sollen.
Mit erheblichen Beeinträchtigungen durch die umfangreiche Baumaßnahme und vor allem durch die Entnahme großer Teile der Naherholungsflächen einschließlich des Teiches brachte die Landratsamt-Erweiterung große Einschnitte vor allem für die gewachsene Hofheimer Nachbarschaft. Umso wichtiger erscheint nun, das neu gestaltete Areal angemessenen in sein Umfeld einzubetten. Dabei ist ebenso die beschlossene biologisch wertvolle Gesamtgestaltung des Areals mitzudenken, wie auch die Schaffung von Ausgleichsflächen für die für den Erweiterungsbau entnommenen Naherholungsflächen.

 

Antrag XVII: Waffenkontrollen ernstnehmen

  1. Die Zielvorgabe von Produkt 3301 wird bezüglich Waffenkontrollen wie folgend angepasst: „Innerhalb eines Kalenderjahres werden 10 % der Besitzer erlaubnispflichtiger Waffen unangemeldet zur Kontrolle der Waffenaufbewahrung aufgesucht.“
  2. Etwaige personelle Mehrbedarfe für die gesicherte Erreichung der Zielvorgabe sind zu berücksichtigen.
  3. Die in der Beantwortung zu Anfrage „Besitz und Kontrolle erlaubnispflichtiger Schusswaffen und Munition sowie Waffenscheine im Main-Taunus-Kreis“ (KT/2020/415/18.WP) zugesagte und in Anfrage KT/2022/159/19.WP erneut gesondert erfragte detaillierte Auswertung der Ergebnisse der Waffenkontrollen wird entsprechend künftig im Haushaltsplan unaufgefordert unter Produkt 3301 in angemessener Form dargestellt.

Begründung:

Der im Haushaltsplan enthaltene Tätigkeitsbericht offenbart eine deutliche Unverhältnismäßigkeit im Bereich der Waffenangelegenheiten: „1. Im Zeitraum 01.01.2021 bis 31.12.2021 wurden insgesamt 122 Anträge, alle innerhalb von 10, Tagen bearbeitet. 2. Pandemiebedingt haben nur 8 Kontrollen der Waffenaufbewahrung stattgefunden.“ Die Ausstellung von Waffenbesitzkarten erfolgt reibungslos, die ohnehin nicht sonderlich engmaschige Waffenkontrolle hingegen wird dramatisch untererfüllt (8 Kontrollen bei 17.349 registrierten Waffen und 4.380 Personen mit Waffenerlaubnissen in 2021 nichterfüllen selbst die niedrige Vorgabe von 5 Prozent in dramatischer Weise). Auch der Verweis auf die Pandemie vermag nicht zu überzeugen, da auch in den Vorjahren das Soll mit 25 (2020) und 53 (2019) Kontrollen keineswegs eingehalten wurde. Gerade angesichts sich verschärfender extremistischer Bedrohungslagen, wie beispielweise durch sogenannte Reichsbürger oder im Hinblick auf rechtsextrem motivierte Morde in Hessen ist auch eine steigende Gefährdung gerade für Politiker:innen und Beschäftigte staatlicher Stellen erkennbar, die eine besondere Sensibilität und Wachsamkeit hinsichtlich des Waffenbesitzes erforderlich machen.

 

Antrag XVIII: Wartezeiten bei der Erziehungsberatung reduzieren

Die Zielbeschreibung von Produkt 5107 wird wie folgt angepasst: „1. Die Wartezeit von der Anmeldung für persönliche Gespräche bis zum angebotenen Erstgesprächstermin liegt in der Erziehungsberatungsstelle (EB) nicht über 10 Wochentagen.“
Etwaige personelle Mehrbedarfe für die Erreichung der Zielvorgabe sind prioritär zu berücksichtigen und die fortdauernde Stellenbesetzung sicherzustellen.

Begründung:

Seit Jahren wird auf die fortlaufende Nichterreichung der in den Haushaltsplänen für Produkt 5107 vorgesehenen Zielvorgabe hingewiesen, ohne dass sich eine Verbesserung einstellt. Besonders augenscheinlich wird der Mangel an Verhältnismäßigkeit wenn man betrachtet, wie zugleich im Haushaltsplan mit Stolz verkündet wird, dass alle 122 Anträge auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte innerhalb der Zielvorgabe von 10 Tagen bearbeitet werden konnten, hier jedoch bei dringend Problemen der Erziehungsberatung die durchschnittliche Wartezeit von der Anmeldung bis zum Erstgespräch mit 73 Tagen die vorgesehene Frist von 30 Tage mehr als doppelt überschreitet. Dabei besitzen die hier behandelten sensiblen familiären Problemlagen in der Regel eine besonders hohe Dringlichkeit. Fachleute verweisen ausdrücklich auf die Bedeutung niederschwelliger und kurzfristiger Gesprächsangebote, um Krisenlagen nicht eskalieren zu lassen. Schon 2020 lag die tatsächliche Wartezeit für Erstgespräche bei 57 Tagen. Im Jahr 2021 verschlechterte sich die Wartezeit sowohl für Präsenz- als auch für die pandemiebedingte Videoberatung nochmalig. Wiederum wird auf Stellenvakanzen verwiesen. Wartezeiten von über zwei Monaten zeugen von erheblichem Handlungsbedarf.