Antrag | Soforthilfe nach Vergewaltigungen | KT/2022/260/19.WP

Der Kreistag möge beschließen: 

  1. Der Kreisausschuss berichtet in geeigneter Weise über die gegenwärtigen Angebote zur medizinischen Akutversorgung nach Vergewaltigungen (medizinisch, psychosozial, rechtlich) an Standorten im Main-Taunus-Kreis, soweit vorhanden.
  2. Der Main-Taunus-Kreis beantragt die Aufnahme als Modellregion für das Modell „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“.
  3. Der Main-Taunus-Kreis setzt sich als Gesellschafter der Varisano-Kliniken dafür ein, dass die Klinik-Standorte im Main-Taunus-Kreis in das Modellprojekt einbezogen werden.

Begründung:

Die deutsche Strafgesetzgebung sieht Vergewaltigung als besonders schwerwiegende Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und fasst ähnlich dem Artikel 36 der sog. Istanbul-Konvention darunter insbesondere das nicht einverständliche, sexuell bestimmte vaginale, anale oder orale Eindringen in den Körper einer anderen Person. Die polizeiliche Kriminalstatistik der Polizeidirektion Main-Taunus registriert 186 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im MTK für das Jahr 2021. Aufgrund der schambehafteten Tatumstände wird bei diesen Delikten von einer sehr erheblichen zusätzlichen Dunkelziffer ausgegangen.
Die traumatische Erfahrung einer Vergewaltigung kann dabei alle Menschen treffen, mit Abstand am häufigsten werden jedoch Frauen und Mädchen Tatopfer. Es wird davon ausgegangen, dass jede 7. Frau in Deutschland in ihrem Leben von sexualisierter Gewalt betroffen ist. Gleichzeitig gehen Studien davon aus, dass nur fünf Prozent der begangenen Taten überhaupt angezeigt werden. Häufige Ursache dafür sind Hilflosigkeit, fehlende Unterstützungsangeboten oder Hemmschwellen bei der Inanspruchnahme von Hilfen nach der Tat. Mit einer fachkundigen Soforthilfe nach einer Vergewaltigung können die medizinischen und psychosozialen Folgen gemindert und durch eine rechtssichere Dokumentation, insbesondere durch eine routinierte Spurensicherung und zuverlässig sachgerechte Aufbewahrung, die Strafverfolgung erleichtert werden.
Die Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt bietet mit ihrem bundesweit übertragbaren Modellprojekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ fachliche Begleitung bei der Implementierung eines adäquaten und praxiserprobten Versorgungskonzepts für Soforthilfen nach Vergewaltigungen an:

Das Modell »Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung« ist bundesweit übertragbar. Ziel ist es Versorgungsstrukturen zu schaffen, die vergewaltigten Frauen die Zugangswege zu einer guten medizinischen Versorgung und auf Wunsch zu einer Befundsicherung erleichtern. Durch die enge Vernetzung vor Kliniken, niedergelassenen Praxen, Rechtsmedizin, Verwaltung, Politik und Hilfesystem sollen Hürden der Inanspruchnahme abgebaut werden.

(Projektbeschreibung der Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt)

In Hessen haben sich bereits 12 kreisfreie Städte und Landkreise, darunter u.a. die Städte Frankfurt und Wiesbaden sowie der Hochtaunuskreis und der Landkreis Groß-Gerau als Modellregionen dem Projekt angeschlossen.


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