Antrag I: Kommunen in der Corona-Krise nicht zusätzlich belasten
Gegenläufig zum Anstieg des Schulumlagesatzes wird der Kreisumlagesatz um 0,45 Prozentpunkte auf den Prozentsatz von 30,6 Prozent reduziert. Der kombinierte Kreis- und Schulumlagesatz beträgt dann wie im Vorjahr 46,5 Prozent.
Begründung:
Weiterhin tragen die Kommunen in der fortdauernden Corona-Sondersituation außergewöhnliche Lasten. Durch die Erhöhung der zweckgebundenen Schulumlage um 0,45 Prozentpunkte stiege der kombinierte Kreis- und Schulumlagesatz nach Haushaltsentwurf auf einen Prozentsatz von 46,95 Prozent. Aufgrund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kommunen im Main-Taunus-Kreis im Erhebungszeitraum für die Kreisumlagegrundlagen würde die an den MTK abzuführende Kreis- und Schulumlage so auf einen neuerlichen Rekordwert von 289,494 Millionen Euro ansteigen.
Angesichts Corona-bedingt absehbarer oder bereits zwischenzeitlich eingetretener massiver finanzieller Einschnitte bei den Städten und Gemeinden im Main-Taunus-Kreis bedeutet die Erhöhung der kombinierten Kreis- und Schulumlage eine zusätzliche und unverantwortliche Belastung der Kommunen in diesen Zeiten. Denn zugleich kann der Main-Taunus-Kreis, insbesondere aufgrund der über Jahre reichlich fließenden Einnahmen aus der Kreisumlage, über eine angelaufene Rücklage aus dem ordentlichen Ergebnis von 45,941 Millionen Euro (Stand 2021) verfügen und leistet sich außergewöhnliche Sonderausgaben von mindestens 33 Millionen Euro für die Erweiterung des Kreishauses, 15,9 Millionen Euro für den Bau des neuen Kreishallenbades und wie bereits beantragt eine vierte hauptamtliche Stelle im Kreisausschuss.
Die Finanzierung der beantragten Entlastung der Kommunen ergibt sich zum einen aus dem gleichfalls beantragten Verzicht auf die Fortführung des Kreisinvestitionsfonds (Antrag IV), sowie bereits festgestellter, im Saldo erheblicher positiver Finanzeffekte gegenüber dem vorgelegten Haushaltsentwurf (s. Fortschreibung und unterjährige Berichte zum Haushaltsvollzug).
Antrag II: Baukindergeld für den Main-Taunus-Kreis
Der MTK schafft ein Förderangebot „MTK-Baukindergeld“, das mit einer Ausstattung von jährlich 750 TEUR den Erwerb von Wohnraum im Main-Taunus-Kreis für Familien bzw. Haushalte mit Kindern in Höhe von je 2500 Euro über einen Zeitraum von 4 Kalenderjahren schafft (Gesamtförderung je Antragsstellenden max. 10 TEUR).
Bei der Erteilung der Förderungen soll bei absehbarer Nachfrage eine Priorisierung von Antragsstellenden aus „systemrelevanten Berufen“ der öffentlichen Daseinsvorsorge vorgesehen werden.
Begründung:
Immer weniger Menschen können sich das Leben in der Region und insbesondere im Main-Taunus-Kreis leisten. Wesentlicher Grund sind die stark steigenden Wohnkosten und der Mangel an Wohnraum. Bekanntermaßen sind Fachkräftemangel, gesellschaftliche Verdrängung und Zunahme der Pendlerströme die direkte Folge. Angesichts explodierender Immobilienpreise ist für viele Familien und Haushalte mit Kindern der Erwerb von Wohneigentum – einer unbestreitbar wichtigen Säule der Wohnraumversorgung – illusorisch, selbst bei durchschnittlichem bis gehobenem Haushaltseinkommen. Ein MTK-Baukindergeld soll hier neben etwaigen weiteren gegebenen Fördermöglichkeiten aus Landes- und Bundesgesetzgebung eine finanzielle Unterstützung bieten und auch als Teil weiterer Maßnahmen ein gesteigertes Problembewusstsein des MTK für die Situation bezeugen.
Antrag III: Unterstützung beim Erwerb von Belegungsrechten
Für ein Förderprogramm des Kreises zum Erwerb von Belegungsrechten in Wohngebäuden werden 750 TEUR vorgesehen.
- Für die Städte und Gemeinden übernimmt der MTK den kommunalen Beitrag von mindestens 10.000 Euro je Wohneinheit für den Erwerb von Belegungsrechten in Wohngebäuden, entsprechend der Richtlinie des Landes Hessen zur sozialen Mietwohnraumförderung, wenn die so unterstützte Kommune sich gemäß ihres Rechts die maximal möglichen Belegungs- und Benennungsrechte nach §26 Abs. 2 Wohnraumförderungsgesetz an den Wohneinheiten sichert.
- Analog zu Ziffer I sollen die Kommunen ebenfalls mit mindestens 10.000 Euro unterstützt werden, wenn auslaufende Belegungsrechte verlängert werden.
Begründung:
Der Wegfall von Belegungsrechten in Wohngebäuden nimmt in vielen Städten und Gemeinden massiv zu und bedroht die Möglichkeiten zur Bereitstellung von sozial gefördertem Wohnraum. Besonders in Hessen ist der Schwund an sozial geförderten Wohnungen besorgniserregend. Im Jahr 1990 unterlagen noch 8,6 Prozent des Wohnungsbestands in Hessen einer Sozialbindung; 2009 waren es nur noch 4,6 Prozent. Hessenweit müssten jährlich für 10.000 Wohnungen Belegungsrechte erworben oder verlängert werden, nur um den Bestand konstant zu halten. Auch der Main-Taunus-Kreis ist hiervon ganz wesentlich betroffen, wie Aufstellungen verschiedener Kommunen aufzeigen. Gegenwärtige Preissteigerungen und der Zuzugsdruck in die Region verstärken das Problem erheblich. Daher sollte es für den Main-Taunus-Kreis – wenn er seiner behaupteten Ausgleichsfunktion nachkommen möchte –eine vordringliche Aufgabe sein, sich gemeinsam mit seinen Städten und Gemeinden dieser erheblichen und tatsächlichen Problemlage zu stellen, anstatt mit dem Kreisinvestitionsfonds Projekte von teils fragwürdigem Nutzen zu finanzieren.
Antrag IV: Kreisinvestitionsfonds nicht fortführen
Der Kreisinvestitionsfonds mit vorgesehenen Investitionszuschüssen in Höhe von 1,5 Mio. Euro wird nicht fortgeführt.
Begründung:
Bereits in den Vorjahren wurde die Abschaffung des Kreisinvestitionsfonds gefordert. Auch die Mittelvergabe 2021 bestätigt die vorgebrachten Gründe. Weiterhin lässt sich kein Mehrwert dieses Instruments, insbesondere die behauptete Ausgleichsfunktion, erkennen: Vielmehr sorgen wenig nachvollziehbare Vergabekriterien, bürokratischer Mehraufwand und die für eine tatsächliche Ausgleichsfunktion zu geringe Dimensionierung für Kopfschütteln. Daher wird vorgeschlagen, die vorgesehen Mittel statt für den Kreisinvestitionsfonds für die Bekämpfung des Wohnraummangels im Main-Taunus-Kreis einzusetzen (s. Anträge II, III, V).
Antrag V: GSIM zum Wohnungsbau befähigen
Der Gesellschaft für Gesundheits- und soziale Infrastruktur des Main-Taunus-Kreises mbH (GSIM) wird zur Aufstockung des Eigenkapitals ein Investitionszuschuss in Höhe von 2 Mio. Euro gewährt.
Begründung:
Die Änderung des Gesellschaftszwecks der GSIM¸ der ehemaligen Personalwohnhaus-Gesellschaft der Kliniken des Main-Taunus-Kreises, im Jahr 2016 wurde auch mit Verweis auf die Möglichkeit zum Wohnungsbau für die Allgemeinheit im Main-Taunus-Kreis durchgeführt. Angesichts der bestehenden Wohnungsnot in Kreis und Region wäre eine dazu befähigte kreiseigene Gesellschaft ein wichtiger Mosaikstein im Instrumentarium des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Für diesen Zweck ist die Gesellschaft jedoch weiterhin unzureichend ausgestattet. Eine zusätzliche Kapitalisierung durch einen Investitionszuschuss in Höhe von 2 Millionen Euro soll der Gesellschaft die Möglichkeit geben, entsprechend dieser Zielsetzung tätig zu werden.
Antrag VI: Beauftragung eines Sozialentwicklungsplans
Für die externe Beauftragung eines Sozialentwicklungsplans werden 100 TEUR budgetiert.
Begründung:
Der Main-Taunus-Kreis verfügt über ein breit aufgestelltes Netzwerk an sozialen Einrichtungen in freier Trägerschaft. Durch die vielfältige Arbeit und Leistungsübernahme durch freie Träger der Wohlfahrtspflege kann im Kreis gut auf vielfältige Anforderungen reagiert werden. Die Zusammenarbeit des Kreises mit den einzelnen Trägern hat sich dabei häufig über viele Jahre herausgebildet, verfestigt und strukturell institutionalisiert. Durch die für das breite Angebot notwendige Unterstützung durch freiwellige finanzielle Leistungen besitzt der Kreis eine maßgebliche Lenkungsmacht, die sich ganz wesentlich auf die Handlungsspielräume der freien Träger auswirkt.
Mit einem Sozialentwicklungsplan kann eine differenzierte und objektive Erfassung der sozialen Gegebenheiten, der verfügbaren und erforderlichen Angebote und der angemessenen Unterstützung durch den Kreis erfolgen, die so dem Ansatz nach weit über den kreiseigenen Sozialbericht hinausgeht. Anhand der wichtigsten Aspekte der Sozialentwicklung kann für alle Prozessbeteiligten eine umfassende und objektive Planungsgrundlage und langfristige Handlungsempfehlung entwickelt werden. In Zusammenarbeit mit den Trägern kann diese Analyse dazu beitragen, gegenwärtige und zukünftige Erfordernisse sowie Bedarfe herauszuarbeiten, Schwerpunkte zu setzen und lenkend einzugreifen. Mit einem Sozialentwicklungsplan sollen so Entwicklungsleitlinien für die zukünftige Aufstellung gesetzt und die Planungssicherheit erhöht werden. Bei der externen Erstellung eines solchen breit aufgestellten Sozialentwicklungsplans bieten sich Kooperationen mit Forschungsinstituten oder (Fach-)Hochschulen der Region an.
Antrag VII: Zukunft braucht Erinnerung – Gedenkstättenfahrten und Erinnerungskultur ausbauen
Der für Gedenkstättenfahrten der weiterführenden Schulen vorgesehene Haushaltsansatz in Produkt 5117 wird auf 16 TEUR erhöht (+8,5 TEUR).
Die bereitgestellten Mittel sollen künftig auch zur Unterstützung von weiteren Veranstaltungen wie z. B. mit Zeitzeugen, Opfern antisemitischer, rassistischer oder gruppenbezogen menschenfeindlicher Gewalt und entsprechender Fachreferentinnen und Fachreferenten sowie entsprechenden zivilgesellschaftlichen Projekten verwendet werden können.
Begründung:
Insbesondere die Konfrontation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit den Tatorten oder noch lebenden Zeitzeugen der Verbrechen des Nationalsozialismus hinterlässt vielfach einen unauslöschlichen Eindruck und befördert in hohem Maße eine nachhaltige Reflexion und Auseinandersetzung mit den Folgen von Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Auch im vergangen Jahr ist die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland wieder gestiegen, auf nun 2.351 gemeldete Vorfälle. Auch Verbrechen wie der rechtsextremistisch motivierte Anschlag auf die Synagoge in Halle, die rassistisch motivierten Morde von Hanau oder die NSU-Mordserie zeigen leider überdeutlich die Notwendigkeit einer fortlaufenden gesellschaftlichen Vergegenwärtigung.
Antrag VIII: Die Tafeln in Corona-Zeiten unterstützen
Der Ansatz im Haushaltsplan für die beiden Tafeln im Main-Taunus-Kreis im Produkt 5010 „Förderung von Trägern der Wohlfahrtspflege“ wird auf 64 TEUR verdoppelt (je +16 TEUR pro Tafel).
Begründung:
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und aktueller Entwicklungen wirken sich erheblich auf die Arbeit der Tafeln aus. So stieg die Zahl der Kundinnen und Kunden, die auf die Angebote der Tafeln angewiesen sind, merklich an. Zugleich sorgen die Auswirkungen der Corona-Pandemie und daraus resultierende Maßnahmen sowie inflationsbedingt stark ansteigende Preise für erhebliche steigende Betriebskosten.
Die Tafeln im Main-Taunus-Kreis – einem der wirtschaftsstärksten Kreise Deutschlands – geben vielen Menschen, gerade jenen, die in Corona-Zeiten in prekäre Verhältnisse abrutschen, Halt und etwas Sicherheit. Daher ist es unabdingbar, die Leistungsfähigkeit der Tafeln als einem bedeutsamen Beitrag für das soziale Netz im Kreis aufrechtzuerhalten und auszubauen.
Antrag IX: Außenflächengestaltung bei Kreishauserweiterung
Für eine in Abstimmung mit der Stadt Hofheim und unter angemessener Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger vorzunehmende, biologisch wertvolle Überplanung der nach dem Kreishaus-Erweiterungsbau verbliebenen Restflächen des Außengeländes (Kreishaus-Park) werden 250 TEUR im Haushalt vorgesehen.
Begründung:
Nach dem zu Jahresbeginn 2021 durchgeführten Beginn der Baumaßnahmen für die Erweiterung des Kreishauses wurde nun in der Sitzung des BPVUE-Ausschusses vom 17. November 2021 durch Kreisausschuss und Kreisverwaltung überraschend erklärt, dass für die Gestaltung der verbliebenen Außenflächen am Kreishaus (Kreishauspark) keine Planungsmittel vorgesehen seien. Gerade angesichts der durch den Erweiterungsbau erfolgten Zumutungen für die Nachbarschaft und die erheblichen Auswirkungen durch die Entnahme großer Teile der Naherholungsflächen einschließlich des Teiches ist es wichtig, für die verbliebenen Flächen eine angemessene Planung auf den Weg zu bringen, um hier zumindest einen teilweisen Ersatz schaffen zu können.
Antrag X: Wartezeiten bei der Erziehungsberatung reduzieren
Die Zielbeschreibung von Produkt 5107 wird wie folgt angepasst: „1. Die Wartezeit von der Anmeldung für persönliche Gespräche bis zum angebotenen Erstgesprächstermin liegt in der Erziehungsberatungsstelle (EB) nicht über 10 Wochentagen.“
Etwaige personelle Mehrbedarfe für die Erreichung der Zielvorgabe sind zu berücksichtigen.
Begründung:
Der Bedarf für Angebote der Erziehungsberatung steigt nicht zuletzt durch die Zumutungen und Auswirkungen der Corona-Pandemie erheblich. Sensible familiäre Problemlagen, bei denen auf die Hilfe der Erziehungsberatung zurückgegriffen wird, besitzen eine hohe Dringlichkeit. Fachleute verweisen ausdrücklich auf die Bedeutung niederschwelliger und kurzfristiger Gesprächsangebote, um Krisenlagen nicht eskalieren zu lassen.
Die tatsächliche Wartezeit für Erstgespräche mit der Erziehungsberatung im MTK lag 2020 bei 57 Tagen. Wartezeiten von durchschnittlich knapp zwei Monaten bezeugen hier erheblichen Handlungsbedarf. Bereits schon in den vergangenen Jahren wurden interne Zielvorgaben nicht eingehalten.
Antrag XI: Betreuung mobiler Endgeräte zentralisieren
Der Main-Taunus-Kreis zentralisiert die Betreuung der für die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte seiner Schulen beschafften mobilen Endgeräte und sieht die Schaffung entsprechender Stellen vor. Dem Stellenaufbau wird der Schlüssel 1 IT-Fachkraft pro 1000 Geräte zu Grunde gelegt. Die Inanspruchnahme geeigneter Förderangebote von Bund und Land ist zu prüfen.
Begründung:
Auch im Main-Taunus-Kreis wurden in den vergangenen Jahren in großem Maßstab IT-Endgeräte für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte beschafft. Wir unterstützen dies ausdrücklich und erwarten, dass bald möglichst allen Schülerinnen und Schüler zumindest der weiterführenden Schulen ein mobiles digitales Endgerät zur Verfügung gestellt werden kann.
Die Verwaltung, Installation und Wartung der beschafften Endgeräte wird derzeit nach aktuellem Kenntnisstand dezentral und sehr verschieden organisiert, meist durch großen freiwilligen Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern, die zu diesem Zweck abgestellt sind oder die Aufgabe nebenher erledigen. Der erhebliche Mehraufwand für die Betreuung der Endgeräte ist jedoch auf Dauer nicht adäquat durch eine improvisierte Aufgabenzuteilung zu gewährleisten.
Daher soll die Betreuung in der Kreisverwaltung organisatorisch zentralisiert, professionalisiert und mit entsprechendem Personal unterlegt werden. Die tatsächliche technische Betreuung soll durch den mobilen Einsatz entsprechender Fachkräfte an den jeweiligen Schulstandorten erfolgen. Der Personalschlüssel 1/1000 ist an vergleichbaren Gerätepools orientiert und soll bei Bedarf an die individuellen Erfordernisse des MTK und der beschafften Geräte angepasst werden.
Geeignete Förderangebote, die derzeit im Zuge der vorangetriebenen Digitalisierung bestehen und ausgebaut werden, sollen nach Möglichkeit in Anspruch genommen werden.
Weitere Informationen und Gremienlauf
- Die Anträge wurden in der Kreistagssitzung vom 13.12.2021 behandelt und mit Ausnahme von Antrag VII von der Mehrheit der Kreiskoalition aus CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.
- Antrag zum Download
- Zugehörige Pressemitteilung