Ein Mann der langen Strecken

SPD-Fraktionschef Karl Thumser wird 60 Jahre alt/36 Jahre Kommunalpolitik: Wenn Karl Thumser am 10. Mai 60 Jahre alt wird, dann kann er quasi in einem Aufwasch auch noch ein politisches Jubiläum nachfeiern: über 25 Jahre Kreistagsabgeordneter. Aus der politischen Landschaft ist der SPD-Fraktionschef kaum mehr wegzudenken.

Von

Angelika Heyer

Wenn man nach Begriffen sucht, die den Lebensweg und das Wesen von Karl Thumser kennzeichnen, dann fallen einem Bodenständigkeit, Kontinuität und Ausdauer ein. In Neuenhain geboren und aufgewachsen lebt Karl Thumser nach wie vor in dem Ort im Taunus, der seit 1977 zu Bad Soden gehört. Hier beackert er in der verbleibenden Zeit ein paar Streuobstwiesen und einen großen Garten, keltert seinen eigenen Apfelwein und kommt im Obst- und Gartenbauverein wie auch im Heimat- und Geschichtsverein mit den Leuten aus seinem Heimatort zusammen.

Familiär ‚vorbelastet‘

Diese Verwurzelung spiegelt sich auch in der politischen Laufbahn wider. Durch den Großvater ‚vorbelastet‘, der schon SPD-Gemeindevertreter in Neuenhain war, trat der 16-jährige Karl ebenfalls der SPD bei, wurde 1972 zum ersten Mal in die Gemeindevertretung von Neuenhain gewählt. Seitdem folgten 36 Jahre in der Kommunalpolitik, und weitere Jahre sollen hinzukommen. So lange ihm die politische Arbeit Spaß mache und seine Partei es wolle, so lange werde er auch weitermachen, sagt Thumser.

Die langen Wegstrecken kennzeichnen Thumsers Karriere. Seit 1981 ist er Mitglied des Kreistags, seit 1992 Fraktionsvorsitzender der SPD. Im Bad Sodener Stadtparlament sitzt er seit der Eingemeindung von Neuenhain, inzwischen auch dort als SPD-Fraktionschef. Und ebenfalls seit 1981 gehört Thumser der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes an.

Dass sich die SPD im Main-Taunus-Kreis bei den Wahlen mit Ergebnissen unter 30 Prozent, zuletzt sogar unter 25 Prozent abfinden muss, hat Thumsers Freude an der Kommunalpolitik nicht wesentlich getrübt. Sicherlich sei das manchmal frustrierend, aber ‚wenn Sie wissen, dass Demokratie nur mit Opposition funktionieren kann‘, dann lasse es sich auch in der Minderheit ganz gut leben.

Und Thumser findet durchaus, dass seine Partei einiges bewegen konnte. Nicht nur von 1989 bis 1993, als Entscheidungen mit wechselnden Mehrheiten gefällt wurden, Gerd Mehler (SPD) hauptamtlicher Erster Kreisbeigeordneter war und die Sozialdemokraten deutlich mehr Einfluss auf die Kreispolitik nehmen konnten als heute. Auch nach 1999, als die FWG aus der damaligen Koalition mit CDU und FDP ausstieg und für die Entscheidungen im Kreistag wieder wechselnde Mehrheiten notwendig waren, habe die SPD an Einfluss gewonnen. Und den habe sie genutzt, um das gemeinsame Schulbau und -sanierungsprogramm auf den Weg zu bringen. Die Urheberschaft sieht Thumser eindeutig bei der SPD.

1999 habe er in erster Linie mit dem Thema Schulsanierung den Landratswahlkampf bestritten (Thumser kandidierte gegen den heutigen Landrat Berthold Gall), während Gall noch gemeint habe: ‚Das wird doch nicht so schlimm sein. Etwas später, nach Besichtigung der Schulen, habe Gall ihm dann zugestanden: ‚Du hattest Recht‘. Den Fraktionschef in der Opposition und den Landrat verbindet übrigens bei aller politischen Kontroverse ‚menschlich‘ ein freundschaftliches Verhältnis.

Die erste Herausforderung, mit der Thumser als Kreistags-Neuling konfrontiert wurde, war der Neubau des Kreishauses. Zunächst gehörte er der eigens dafür eigerichteten Kommission an, konnte sich dann aber mit den Entscheidungen über die Ausstattung im ‚Luxusbereich‘ nicht anfreunden, zumal die Fraktionen keine Einsicht in die Verträge und den Finanzierungsmodus erhalten hätten. Die umstrittenen Kreishaus-Verträge mit der Finanzierung durch einen privaten Investor beschäftigten die Fraktionen über zehn Jahre lang, bis Landrat Gall 2005 den Ankauf aushandeln konnte. ‚Der Kreis hat über 100 Millionen Euro mehr ausgegeben als wenn er das Kreishaus selber finanziert hätte‘, ist Thumser heute noch überzeugt.

Niveauvoller Umgang

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten könne der Kreistags stolz sein auf eine vernünftige Atmosphäre und einen niveauvollem Umgang untereinander, findet Thumser. Außerdem werde bei übergreifenden Themen wie der Ablehnung des Flughafenausbaus über die Parteigrenzen hinweg an einem Strang gezogen, und alle seien sich einig, ‚dass wir mit den Rechten nichts zu tun haben wollen‘.

Bei allem Einsatz für die Kommunal- und Kreispolitik (der etwa zehn Stunden pro Woche schluckt) hat sich der 59-Jährige auch beruflich kontinuierlich weiter bewegt. Am Anfang stand eine Ausbildung bei der Stadt Frankfurt für die mittlere, dann für die gehobene Beamtenlaufbahn. 20 Jahre lang blieb er dort, davon zehn als Leiter des Ausbildungsamtes zuständig für 1000 Azubis, bis ihn sein Parteifreund Innenminister Horst Winterstein 1984 als persönlichen Referenten ins Ministerium holte. Es war die Zeit der ersten rot-grünen Landesregierung in Hessen, und als die 1987 endete, blieb Thumser zwar in der Landesverwaltung, musste aber zurück ‚in die Linie‘. Heute ist Thumser Ministerialrat und zuständig für die Aufsicht über die Hessische Landgesellschaft.